Quantcast
Channel: Unholy Black Art Of Ritual
Viewing all articles
Browse latest Browse all 680

Review: Heidnir - Jenseits des Kosmos (CD, Eigenproduktion, 2022)

$
0
0

 

~

Vor gut zwei Monaten erschien nun das zweite Album Jenseits des Kosmos des Solo-Projektes HEIDNIR aus Oberösterreich. Und ich muss schon gestehen: Wie sehr habe ich einen Nachfolger von dem bereits, in meinen Augen, ziemlich guten Debüt Von nächtlichen Erinnerungen herbei gesehnt. Eine ältere Besprechung zu dem Erstlingswerk aus dem Jahr 2019 lässt sich >>hier<< nachlesen, für alle, die es verpasst haben sollten.

Eigentlich hatte ich auch gar nicht damit gerechnet, so schnell wieder etwas von HEIDNIR zu hören, ist der Mann hinter dem Projekt doch 1.) noch in einer festen Band aktiv (SYNKENDE) und 2.) liegt das letzte Album doch lediglich gute zwei Jahre zurück.
Natürlich kamen da auch direkt einmal Bedenken, was die Qualität dieses Nachfolgers anbelangt... kann man bei einer Veröffentlichung nach so relativ kurzer Zeit seinem eigenen Anspruch und dem der geneigten Anhängerschaft gerecht werden?

Im Fall von Jenseits des Kosmos lautet meine Antwort ganz klar "Ja"!
Denn mit seinem zweiten Album setzt HEIDNIR quasi genau dort an, wo er mit Von nächtlichen Erinnerungen endete und zeigt dabei eine schier unglaubliche Steigerung seiner Black Metal Tonkunst.
Wobei man es auch auf dem zweiten Album dem Hörer nicht gerade leicht macht und es sich nicht direkt jedem öffnen und erschließen wird. So erging es mir zumindest anfangs, als ich die ersten paar Male in dieses Werk reinhörte. Es folgten die ersten Versuche, es ganz durchlaufen zu lassen... und irgendwann sprang der Funke dann vollends über. Ich begann, das Album in Dauerschleife zu hören, wieder und wieder, Tag um Tag.
Man könnte annehmen, dass sich das Teil dadurch ziemlich schnell abgenutzt hat, also hörte ich es eine Zeit lang gar nicht mehr, um es mir dann erneut in voller Länge durchzuhören.
Und ich finde es genauso spannend, wie noch im ersten Moment.
Sicherlich ein Phänomen, welches es wert wäre, mal untersucht zu werden, aber um wissenschaftliche Abhandlungen sollen sich doch bitte andere kümmern, hehe.

Doch beginne ich einmal mit dem wahrlich schicken Artwork: Das anfänglich vielleicht etwas comichaft wirkende Cover offenbart bei genauerer Betrachung sehr hübsche Details morbider Natur. Die CD wie auch die Innenseite des Inlays zeigen einen stilisierten Chaosstern aus sich windenen und in einander verschlängelten Schlangen, deren nach außen zeigende Köpfe die Spitzen und Zacken darstellen - es könnte sich jedoch auch um ein Sonnensymbol handeln. In der Mitte liegt ein aus Zweigen gelegtes invertiertes Pentagramm, welches von einem Kreis umschlossen wird. Das 12-seitige Beiheft bietet neben ein paar Informationen zur Aufnahme alle Texte, sowie auf der letzten Seite ein Portrait des Protagonisten.

Musikalisch betrachtet hält man sich hier gar nicht erst lange mit irgendwelchen Einleitungen auf, sondern geht mit "Der Meister schwarze Kunst" gleich in die Vollen. Und auch hier gibt es gleich diesen INQUISITION-Moment in der Instrumentalisierung, wenn ich ihn mal so nennen darf, den ich bereits auf dem Debüt wahrnahm. Das liegt aber vielleicht auch daran, dass gerade das recht melodische und sphärische Gitarrenspiel vereint mit dem doch recht tiefen Gesang einfach an den Stil der Amis denken lässt, gleichzeitig aber auch ungewöhnlich für durchschnittliche Black Metal-Hörgewohnheiten klingt und sich daher mit kaum etwas anderem vergleichen ließe, was mir bekannt ist.
HEIDNIRs Inspirationen ließen sich beim Hören ebenso gut in der nordischen Schule ausmachen (und damit ist jetzt nicht vornehmlich nur Norwegen gemeint!), auch lassen sich Anleihen an deutsche Kapellen wie etwa NARGAROTH finden.

Was allerdings beim ersten Lied auch schon mehr als deutlich wird: HEIDNIR hat sich, gerade was den Gesang anbelangt, deutlich gesteigert, denn dieser zeigt sich wesentlich facettenreicher als noch auf dem Debüt. Die Instrumente sind auch gut dargeboten, die Passagen mit den schleppenden Heavy-Gitarren gefallen mir außerordentlich.
Generell erweist sich Jenseits des Kosmos als ein sehr spielfreudiges - ja, fast schon verspieltes - Album, welches so einige Emotionen bereit hält: Neben der alles umgebenden Dunkelheit, der zeitweisen Brutalität, zeigt HEIDNIR auch ein paar fast schon sensible Facetten, führt den Hörer durch erhabene Atmosphären, lässt ihn eintauchen in das schwarze Nichts majestätischer Kosmen und lustwandeln in halluzinogenen Träumen. Sogar regelrecht heroische Stimmungen und Hymnen lassen sich ausmachen, die immer etwas an der Schwelle zur kitschigen Harmonie sind, diese in meinen Augen jedoch nie überschreiten. Ein Kunststück, welches ja bei weitem auch nicht jeder Band gelingt. Zur Veranschaulichung empfehle ich ein Reinhören in "Toter Himmel" oder das abschließende Stück "Zu den Sternen", das nicht nur als Video-Single zum Album veröffentlicht wurde, sondern in seiner Art, gerade im Mittelteil und Dank des Chor-Einsatzes an glorreiche Mid-90ies Marke SATYRICON's "Mother North" erinnert.

Ein Lied, welches auch noch etwas heraussticht, ist "Von schwarzen Tagen ward gesungen": Es beginnt einem düsteren Ambient-Teil, in dem schwermütige Orgeln erklingen, untermalt von einem fast zarten weiblichen Singsang, bevor es dann in einen instrumentalen Schwarzmetall übergeht. Wenn dann auch der Gesang einsetzt sticht hier auch ein weiteres Instrument heraus - nämlich die Bassgitarre, was für eine Black Metal-Veröffentlichung ja auch wieder recht ungewöhnlich anmutet.

"Ich bemale die Himmel mit Feuer
Ich verziere die Welten mit Blut
Denn verflucht sei mein gottloses Antlitz
Das im Schleier der Dunkelheit ruht"

Apropos Video... sollte man sich von diesem doch nicht abschrecken lassen, auch wenn es natürlich total überladen ist mit Klischees und Kitsch. Ich weiss auch bis heute nicht, wie ich das einordnen soll, denn ernst zu nehmen ist es mit Sicherheit nicht. Aber es gibt immer noch Schlechteres (mal abgesehen davon, dass ich Black Metal-Videos ohnehin eher skeptisch gegenüber stehe...).
Es lohnt sich hier meiner Meinung nach aber auf jeden Fall, sich nicht gleich von Äußerlichkeiten leiten zu lassen, sondern dem Album zumindest eine Chance einzuräumen.


So ist denn auch Jenseits des Kosmos letztlich kein gefälliges Album geworden, sondern eines jener Sorte, die Beschäftigung, Geduld und ein Sich-gänzlich-drauf-einlassen abverlangt. Ist der Funke aber erst einmal übergesprungen, wird er die schwarze Flamme zu einem Feuer entfachen, welchem sich der Hörer kaum mehr entziehen können/wollen wird.

"Kosmos, Chaos, Feuer
Dunkel, kalt und einsam"

Ein großartiges Black Metal-Album... abgrundtief Schwarz, reich an atmosphärischen Stimmungen und genialen Melodieführungen! Jenseits des Kosmos beugt sich keinen eng gesteckten Grenzen und erscheint gerade deshalb angenehm unverbraucht und erfrischend, ohne dabei zu modern zu klingen. Für mich ist Jenseits des Kosmos bereits jetzt definitiv eines der besten Alben dieses Jahres!


Darbietungen:
01. Der Meister schwarze Kunst
02. Fremde Kosmen
03. Im Zeichen des Feuers
04. Von schwarzen Tagen ward gesungen
05. Die gleissende Götze
06. Zwischen den Welten
07. Unter dunklen Sonnen
08. Toter Himmel
09. Zu den Sternen

Laufzeit: ca. 63 Minuten






Viewing all articles
Browse latest Browse all 680

Trending Articles