Quantcast
Channel: Unholy Black Art Of Ritual
Viewing all articles
Browse latest Browse all 680

Selbsthass - Stille (CD, Eigenproduktion - 2018)

$
0
0
Allgemein bringt man Düsseldorf, jene Stadt am Rhein mit der längsten Theke der Welt, ja eher mit Schunkel-Punk und Oi!-Musik, die Fortuna oder eben auch dem Altbier in Verbindung. Die Hass-Liebe zu Köln natürlich nicht zu vergessen. Doch was Black Metal betrifft, hört man selten etwas aus der Rhein-Stadt. Genau genommen waren mir immer nur FEINDBILD MENSCH ein Begriff. Ein recht kurzlebiges Projekt, welches eine Kassette und eine Split-LP mit der ebenfalls recht unbekannten und kurzlebigen Band ODIUM IMMORTALIS hervorbrachte. Was das ganze nun mit dem neuen Werk von SELBSTHASS zu tun hat, und wie es mit der Qualität von Stille aussieht, lest ihr nun...

Die drei-köpfige Horde SELBSTHASS gründete sich anno 2006 und ging somit aus der Asche von FEINDBILD MENSCH hervor, welche sich ein Jahr zuvor auflösten. So waren alle Mitglieder zu irgendeiner Zeit einmal an jener Band beteiligt. SELBSTHASS nun jedoch als bloßes Nachfolge-Projekt einzuordnen, würde der Musik nicht gerecht werden. So weit ich das noch in Erinnerung habe, gibt es zwischen den beiden Projekten keine nennenswerten musikalischen Schnittpunkte (mir ist jedoch auch lediglich die Split bekannt).

Allein der Blick auf das Cover genügt da schon: bei SELBSTHASS dominiert ein depressiver bis suizidaler Grundton. Wobei ich nun direkt anmerken muss, dass man es hier mitnichten mit einem Vertreter dieses sogenannten DS-wannabe-meineemofreundinheulteuchgleichwasvor-whatever-BM Scheiß zu tun hat, sondern mit einem erstaunlich authentischen Vertreter seiner Zunft. Als Vergleich fielen Namen wie etwas SILENCER, zu denen ich persönlich allerdings nie so wirklich einen Bezug herstellen konnte, daher vermag ich das nun nicht zu beurteilen.

Das erste Erzeugnis des Düsseldorfer Trios Zorn (Gitarre, Bass, Schreie und Keyboard), Dr. Suizid (Schlagwerk und Stimmgewalt) und J. D. (Bass) kommt allein von der Aufmachung her schon recht sympathisch rüber: angefangen beim stimmigen, minimalistisch gehaltenen Frontcover, über die zwei-seitige Innenseite, die lediglich ein paar Informationen zur Aufnahme und der Besetzung, sowie ein Zitat des deutschen Philosophen A. Schopenhauer ("So treibt das Bedürfnis der Gesellschaft, aus der Leere und Monotonie des eigenen Inneren entsprungen, die Menschen zueinander; aber ihre vielen widerwärtigen Eigenschaften und unerträglichen Fehler stoßen sie wieder voneinander ab."). Die Rückseite des Beiheftes stellt den vitruvianischen Menschen, jenes berühmte Bildnis aus der Hand von Leonardo da Vinci auf den Kopf und zeigt darüber die Titelliste und einen Verweis auf die offizielle Bandcamp-Präsenz. Ein paar Exemplare der auf insgesamt 100 Stück limitierten CD enthalten darüber hinaus noch ein zusätzliches vier-seitiges Blatt mit allen Texten und Fotos der Beteiligten. Die Rückseite der Hülle zeigt dann noch einmal die Titelliste sowie das Bildnis eines Stricks und einen Verweis zu dem Wehrstein Bunker Studio, in welchem das Album eingeprügelt wurde.

Stille umfasst insgesamt sieben Lieder, wovon zwei allerdings nur Instrumentale sind. Wer jetzt an Ein- und Ausklänge denkt, liegt aber nur zum Teil richtig, denn es wird sich nicht groß mit einer ambienten Einführung aufgehalten, sondern man kommt mit 'Das Feuer der Misanthropie'gleich zur Sache und macht die Gangart auf dem Album auch gleich einmal klar. Es wird dreckig, unangenehm und verachtend. Deutscher Schwarzmetall in seiner ursprünglichen Form. Dabei zeigen SELBSTHASS sich vor allem aber auch schwedisch beeinflusst. Der Text spricht mich dabei sehr an, kann ich ihn doch sehr gut nachempfinden, wie wohl auch jeder, der den Gedanken des Black Metal verinnerlicht hat.

'Verrat'beginnt etwas schneller als noch der erste Song, nimmt nach dem ersten Viertel aber etwas depressivere und langsamere Züge an. Was ich hier definitiv nicht mag, ist der Klargesang, der in meinen Ohren etwas deplatziert wirkt, was aber sicherlich nicht im Sinne des Erfinders war. Den folgenden Stimmungswechsel mit den Worten "Enttäuscht Gebrochen voller Wut"entfaltet dann aber wieder seine volle Wirkung und auch der Klargesang wirkt hier authentischer. Besonders sind hier aber die Instrumente hervorzuheben, die für reichlich Abwechslung sorgen.

Mit 'Schwarze Galle'widmet man sich wieder der Misanthropie und, so wie ich das Stück für mich interpretiere, auch dem Black Metal als Ideologie und Lebenseinstellung an sich. Auch hier lassen sich neben dem erhaben, trotzdem räudig klingenden Black Metal, der sich irgendwo im schnelleren Midtempo tummelt, auch wieder atmosphärische Elemente wie etwa akustische Gitarren oder andächtig anmutende Passagen ausmachen.

Nach dem instrumentalen 'Interludium', welches lediglich Akustik-Gitarren enthält, folgt mit dem Titel gebendenStück das bis dato längste Lied. Der Text ist in Worte gefasste Todessehnsucht und beschreibt darüber hinaus ein sehr dystopisches und endgültiges Szenario. Die Art, wie der Gesang hier dargeboten wird, erinnert abermals an schwedische Vertreter, aber auch an einige deutsche Horden mit ähnlichem Stil.

Übertroffen wird dieser Beitrag eigentlich nur noch von dem knapp 9 1/2-minütigen selbstzerstörerischen Epos 'Schnitt für Schnitt'. Eine Ode an die Finsternis der Seele und an den Suizid, an die Erkenntnis, die Erhabenheit der totalen Befreiung und den Eintritt in die Unendlichkeit. "Erster Schnitt Befreiung von der Liebe/Zweiter Schnitt Befreiung von dem Hass/Dritter Schnitt Befreiung nach der Suche/Vierter Schnitt Befreiung von Trauer/Fünfter Schnitt Befreiung von Enttäuschung/Sechster Schnitt Befreiung von der Dunkelheit/Siebter Schnitt Befreiung von meinem Ich/Letzter Schnitt Es ist vollbracht". Das folgende ambiente 'Ende'hat etwas durch und durch meditatives und gleicht einem Geist, der durch die Leere der Unendlichkeit wandelt... hier dürfte vor allem BURZUM Pate gestanden haben. Ob so ein knapp sieben Minuten andauerndes Lied als Ausklang Sinn macht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Man sollte jedoch bedenken, dass sich die Verantwortlichen hier durchaus ihre Gedanken gemacht zu haben scheinen.

Fazit:
Gut, Stille ist nun kein Über-Werk geworden - aber das habe ich schließlich auch nicht erwartet. Viel mehr bekommt man es bei der ersten CD der Düsseldorfer mit einem fiesen und wahnhaften Werk zu tun, das sich ganz und gar dem suizidalen Black Metal verschrieben hat. Nicht im Sinne des weinerlichen DSBM, sondern authentisch, überzeugend, von Verachtung und Trauer erfüllt, fordernd, radikal und endgültig. Die wilde Horde bietet das Album auf ihrem offiziellen Bandcamp in digitaler Form für 5,- Euronnen an (so habt ihr auch die Möglichkeit, erst einmal reinzuhören) - für gerade einmal 4,- Euronnen mehr könnt ihr euch die CD aneignen, was ich hiermit auch klar empfehle! Es existiert wohl auch noch eine Fassung auf Kassette, die in einer verschwindend geringen Stückzahl von 25 Exemplaren über das spanische Kleinstlabel Black Metal Spirit Productions erschien.

Anbei gibt es an dieser Stelle das Album in hörbarer Form als Einbettung vom offiziellen Bancamp.

Durch und durch überzeugender Suicidal Black Metal mit deutschen Texten. Rau und wild, misanthropisch und in jeglicher Hinsicht verachtend!


Darbietungen:
01. Das Feuer der Misanthropie
02. Verrat
03. Schwarze Galle
04. Interludium
05. Stille
06. Schnitt für Schnitt
07. Ende

Laufzeit: ca. 46 Minuten





Viewing all articles
Browse latest Browse all 680

Trending Articles