Zwei große Gefühle sind es, welche dem vorliegenden Werk Germinôd – Archaische Verse der deutschen Formation WINTARNAHT zugrunde liegen: Die Liebe zur Natur und der Hass auf den Menschen. Musikalisch treibt man dabei eher in Richtung Naturverbundenheit, denn dieses Album wartet mit einer tiefen Emotionalität gegenüber unserer Umwelt auf. Der Menschenhass ist aus den Texten herauszulesen, sowie aus dem Beiheft, in dem es heißt: „Hail Nature – Hate Mankind“.
Was bleibt zu sagen? Ein tiefes, naturmystisches Werk, womit WINTARNAHT hier aufwarten. In Teilen - rein musikalisch gesehen - kein Black Metal, in der Intention aber ganz und gar. Hier wird ebenso die Liebe zur dunklen Seite der Natur zelebriert, wie auch der Hass auf die Menschheit und auf das Christentum im Speziellen. Mit brachialen Schlagzeugorgien darf nicht gerechnet werden, dafür aber mit einer tiefen Ruhe, die entsprungen ist aus stillen, finsteren Wäldern.
Heidnisch, naturverbunden, misanthropisch: Hail Nature – Hate Mankind!
Hinter WINTARNAHT steht Grimwald, welcher dem einen oder anderen auch aus seinen weiteren Projekten ein Begriff sein dürfte, wie etwa DAUþUZ, einer Band, die uns hinab führt in tiefe Stollen und dunkle Schächte, und damit in die Geschichten und Legenden des deutschen Bergbaus.
Mit WINTARNAHT nun begeben wir uns hinaus in die freie Natur, in weite Wälder voller Kälte und Einsamkeit. Aber auch hier kommt das Geschichtsbewusstsein Grimwalds nicht zu kurz, im Gegenteil: Beinahe sämtliche Texte wurden in althochdeutscher Sprache verfasst, einer Mundart, welche in den westgermanischen Gebieten zu Beginn des Mittelalters gesprochen wurde.
Bei der vorliegenden CD handelt es sich um die Neuveröffentlichung der Kassetten-Version von Germinôd – Archaische Verse aus dem Jahre 2016. Drei Bonuslieder sind hinzugekommen, während ein Titel weichen musste – ‚Got þer Mana Nidh‘ findet sich nicht mehr auf der CD-Fassung, sondern wurde ersetzt durch ‚Misanthropic Nature Spirit‘ (interessanterweise lässt sich ‚Got þer Mana Nidh‘ mit „Gott der Misanthropie“ übersetzen, was von daher sehr adäquat erscheint – danke für den Hinweis, Kraehenblut!).
Zu Beginn des Albums bieten uns WINTARNAHT äußerst hymnischen Pagan Black Metal. Kultische, druidisch anmutende Gesänge wechseln sich ab mit schwarzmetallischen Stimmeinlagen. Auch gesprochene Worte kommen zum Einsatz, und gemeinsam mit Akustik-Gitarren wird eine durch und durch heidnische und auch archaisch zu nennende Atmosphäre geschaffen. So bezeichnen WINTARNAHT ihre Musik denn auch als „Archaic Black Metal“, wobei sich dies nicht in einem rauen oder dreckigen Klang äußert, sondern in der Rückbesinnung an naturverbundenere Zeiten.
Erwähnenswert finde ich außerdem das kurze Dungeon Synth-Stück ‚Êwig Naht‘, welches auf der Kassette als Intro diente, hier nun zwischen den ersten beiden Titeln zu finden ist. Ein äußerst finsteres Stück der dunklen Künste, was meiner Meinung nach ruhig hätte länger ausfallen können; aber seine Kürze liegt wohl in seinem Intro-Charakter begründet.
Nach den ersten vier Stücken ‚Ânu þaz Îs Mih Nâm‘ („Als das Eis mich nahm“), dem erwähnten ‚Êwig Naht‘ („Ewige Nacht“), ‚þiu Sunnawenti‘ („Die Sonnenwende“) und ‚Mesoliþicum‘ („Mesolithikum") erfolgt das englischsprachige ‚Misanthropic Nature Spirit‘, das wohl aggressivste Stück des Albums, welches überquillt vom Hass auf die Menschheit. Das lyrische Ich spricht aus der Sicht von Mutter Natur, einer Perspektive, die ich als äußerst stimmungsvoll empfinde, und die einen zutiefst mit der Erde mitfühlen lässt. Unser aller Mutter wünscht in diesem Lied der gesamten Menschheit den Tod.
Damit ist der schwarzmetallische Teil von Germinôd – Archaische Verse erst einmal beendet, denn mit dem schönen Klavierstück ‚Fer Iowelîh Wân‘ („Fern jedweder Hoffnung“) tauchen wir nun noch tiefer in archaisch-heidnische Zeiten ein.
In den folgenden Liedern verstummt die E-Gitarre ganz, stattdessen kommen traditionelle Instrumente wie Lyra, Flöte und Trommel zum Einsatz. Auch der Gesang bleibt, bis auf eine Ausnahme, klar und nimmt bisweilen mystische Züge an. Das Album wird nun sehr ruhig und entspannt, büßt dabei aber nichts von seiner naturverbundenen Stimmung ein.
Die Stücke ‚Hildrûn inti Wynfreþ I‘ und ‚Hildrûn inti Wynfreþ II‘ erzählen die traurige Geschichte einer heidnischen Frau namens Hildrûn, die gemeinsam mit ihrer neugeborenen Tochter Frigard im Wald lebt. Ein Inquisitor namens Wynfreþ erfährt davon und beschließt, die beiden zu taufen. Er reitet mit seinen gefürchteten Söldnern in den Wald, worauf Hildrûn mit ihrem Kind die Flucht ergreift. Es beginnt eine wilde Hetzjagd durch die kalte Winternacht, an deren Ende Mutter und Tochter den Kältetod im Schatten eines alten Heiligtums aus vorchristlicher Zeit finden. Wynfreþ lässt daraufhin das Heiligtum schleifen und eine Kirche an besagter Stelle errichten.
Zu diesem tragischen Ende gesellt sich jedoch ein Hoffnungsschimmer, denn am Schluss heißt es:
„Von Wynfreþs feiger Hand, eine Kirche erbaut
Ein schändlich Unwerk bis in unsere Zeit
Doch die Natur ist ewig und immer
„Von Wynfreþs feiger Hand, eine Kirche erbaut
Ein schändlich Unwerk bis in unsere Zeit
Doch die Natur ist ewig und immer
Wynfreþ starb, die Christenheit wird sterben, für alle Ewigkeit“
Die Übersetzung stammt von WINTARNAHT's offiziellem Youtube-Kanal. Im Beiheft der CD wird darüber hinaus auf die Verbindung zwischen dem Inquisitor Wynfreþ und dem heiligen Bonifatius, dessen Geburtsname Wynfreth lautete, verwiesen. Bonifatius war ein englischer Missionar, welcher größtenteils in Frankreich und dem westlichen Germanien tätig gewesen ist. Seine bekannteste Untat ist wohl die Fällung der Donareiche bei Geismar in Hessen im Jahre 723. Das Holz des Baumes verwendete er, um eine Kirche zu bauen. 754 oder 755 wurde er auf einer Missionsreise von friesischen Heiden erschlagen.
Nach dieser Ballade erfolgt das Stück ‚Ânagift þer Wintar I‘ („Anbeginn des Winters“), das von Tod und Vergehen im Winter spricht, aber auch von dem daraus resultierenden Neubeginn. Hier sind gesanglich Black Metal-Schreie zu hören, instrumental bedient man sich einer Akustik-Gitarre.
‚Alamana Lioþ‘ („Alamannisches Lied“) und ‚Ascal Frost… Untargang‘ („Kahler Frost... Untergang“) sind zwei ähnlich klingende Stücke, beide von atmosphärischer Ruhe geprägt und wiederum diesen wunderschönen, rituellen Gesang enthaltend.
Am Ende von Germinôd – Archaische Verse hält Grimwald dann noch einen besonderen Leckerbissen für uns bereit… ‚Primordial Transcendence‘ ist ein Medley aus drei der essentiellsten Stücke des Black Metals, welche an dieser Stelle zudem als musikalische Wurzeln WINTARNAHTs beschrieben werden. Es handelt sich hierbei um ‚Burzum‘ und ‚Jesu død‘ von BURZUM und um DARKTHRONEs ‚Transilvanian Hunger‘. Alle drei Titel wurden besonders kraftvoll eingespielt, und ich persönlich bin ein großer Fan der Akustik-Gitarre am Anfang von ‚Jesu død‘…
Was bleibt zu sagen? Ein tiefes, naturmystisches Werk, womit WINTARNAHT hier aufwarten. In Teilen - rein musikalisch gesehen - kein Black Metal, in der Intention aber ganz und gar. Hier wird ebenso die Liebe zur dunklen Seite der Natur zelebriert, wie auch der Hass auf die Menschheit und auf das Christentum im Speziellen. Mit brachialen Schlagzeugorgien darf nicht gerechnet werden, dafür aber mit einer tiefen Ruhe, die entsprungen ist aus stillen, finsteren Wäldern.
Darbietungen:
01. Ânu þaz Îs Mih Nâm
02. Êwig Naht
03. þiu Sunnawenti
04. Mesoliþicum
05. Misanthropic Nature Spirit
01. Ânu þaz Îs Mih Nâm
02. Êwig Naht
03. þiu Sunnawenti
04. Mesoliþicum
05. Misanthropic Nature Spirit
06. Fer Iowelîh Wân
07. Hildrûn inti Wynfreþ I
08. Hildrûn inti Wynfreþ II
09. Ânagift þer Wintar I
10. Alamana Lioþ
11. Ascal Frost… Untargang
12. Primordial Transcendence (Tribute to BURZUM & DARKTHRONE)
Laufzeit: ca. 75 Minuten
07. Hildrûn inti Wynfreþ I
08. Hildrûn inti Wynfreþ II
09. Ânagift þer Wintar I
10. Alamana Lioþ
11. Ascal Frost… Untargang
12. Primordial Transcendence (Tribute to BURZUM & DARKTHRONE)
Laufzeit: ca. 75 Minuten